So, so: Horst Seehofer findet also, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört. Seit Kurzem darf er sich Heimatminister nennen – Heimat, das Wort passt zu ihm. Denn es umfasst nicht nur die Bürger eines abgegrenzten Staatsgebiets, sondern auch ein Gefühl. Und Seehofer ist eben ein richtiger Gefühlsmensch: Der Islam und seine Heimat, das passt irgendwie nicht. So von seinem Feeling her. Aber eine Frage: Wer ist deutsch? Auch Muslime? „Selbstverständlich!“ Und ihre Religion? „So weit kommt’s noch!“

Die Unterscheidung in Muslime und Islam ist nicht zufällig geschehen. Horst Seehofer hat sie bewusst gewählt: Denn statt Muslime direkt anzugreifen, pflegt er lieber Vorurteile. Schließlich kennt selbst der traditionsbewussteste CSU-Wähler Muslime. Bei 5,4 Prozent Muslime in Deutschland ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, dass einem am Arbeitsplatz, in der Kneipe oder im Kegelverein mal einer über den Weg läuft. Vorurteile gegen eine ganze Personengruppe aufrechtzuerhalten, wird da selbst für Horst Seehofer schwer.

Mit dem Islam ist das anders. Denn mit der Religion als solche haben viele Menschen kaum Berührungspunkte. Das macht sie anfälliger für Ängste: Der Islam unterdrücke Frauen, sei undemokratisch und im ständigen Kampf mit dem freiheitlichen Westen. Dahinter steckt ein altes Prinzip: Was Menschen als fremd wahrnehmen, empfinden sie als bedrohlich. Ausgrenzung ist aber der falsche Weg, wir brauchen die Auseinandersetzung!

Religionen müssen auch in der Schule gleichberechtigt werden

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Der Journalist Constantin Schreiber sorgte letztes Jahr mit seinem „moscheereport“ für Aufsehen. Ein Jahr lang ging er in 13 deutschen Moscheen zum Freitagsgebet. In der TV-Reihe behauptet er, Gläubige würden in vielen Moscheen dazu aufgerufen, sich von der Lebensart in Deutschland abzugrenzen. Ob das stimmt? Wir wissen es nicht. Denn im Gegensatz zu Pfarrern werden die meisten Imame nicht an deutschen Universitäten, sondern vor allem in der Türkei ausgebildet. Die türkischen Imame werden vom türkisch-islamischen Dachverband „Ditib“ entsandt. Der Verband unterhält etwa 900 der rund 2.500 Moscheen in Deutschland. Seine Imame sind „Beamte“ des türkischen und nicht des deutschen Staates.

An den Schulen fehlt außerdem der islamische Religionsunterricht. Statt Religionen gleichberechtigt zu unterrichten, werden Schüler in den meisten Bundesländern in „katholisch“, „evangelisch“ und das maximal unkonkrete Fach „Ethik“ eingeteilt. Der Islam taucht im Lehrplan fast gar nicht auf. Das muss sich ändern. Denn die Auseinandersetzung mit Religion ist wichtig – um den Glauben (der anderen) besser zu verstehen. Aber auch, um religiöse Texte zu hinterfragen und kritisch einzuordnen. Egal ob Bibel, Tora oder Koran.

Eine pluralistische Gesellschaft lebt von der Teilhabe verschiedener Weltanschauungen. Dazu gehört nicht nur das Christentum. Statt eine Religion pauschal zur Privatsache einer Minderheit und zur Gefahr für die Mehrheit zu erklären, sollte der Islam auch als Religion Teil von Deutschland sein. Und wenn der Islam noch kein Teil Deutschlands ist, dann müssen wir ihn halt zu einem machen. Horst Seehofer muss aufhören, sich nach seinem heimeligen Nationalgefühl zu sehnen. Auch er muss endlich verstehen: Deutsch sein, das sollte nie für Ausgrenzung und immer für Vielfalt stehen. Auch der Konfessionen!