Kasachstan, Zentralasien – das klingt nach Weite, nach Steppe und nach Staub. Nach Nomaden, die mit ihren Jurten durch sattgrüne Hochebenen ziehen. In Almaty, im Süden Kasachstans, stach mir jedoch vor allem brutalistische Architektur ins Auge, dazu breite, verstopfte Straßen und die ständig neu hervorspringenden Wolkenkratzer mit ihren Glasfassaden.

Im Sommer 2016, als ich durch Kasachstan reiste, musste ich mich erst daran gewöhnen. Doch schon nach ein paar Wochen war ich fasziniert von dieser irren Mischung aus post-sowjetischen Monumentalbauten, den teils absurden futuristischen Experimenten und den dazwischen auftauchenden nomadischen Elementen.

Das Hotel Uzbekistan, im Zentrum der usbekischen Hauptstadt Taschkent, öffnete 1974. Die architektonische Form soll eine geöffnetes Buch darstellen.
Paul Toetzke / TONIC

Das Hotel Uzbekistan, im Zentrum der usbekischen Hauptstadt Taschkent, öffnete 1974. Die architektonische Form soll eine geöffnetes Buch darstellen.

Zwei Jungs spielen im gerade erst fertiggestellten Präsidentenpark im Zentrum der kasachischen Hauptstadt Astana.
Paul Toetzke / TONIC

Zwei Jungs spielen im gerade erst fertiggestellten Präsidentenpark im Zentrum der kasachischen Hauptstadt Astana.

In Astana entstehen viele neue Denkmäler, die die Geschichte des Landes zeigen sollen.
Paul Toetzke / TONIC

In Astana entstehen viele neue Denkmäler, die die Geschichte des Landes zeigen sollen.

Der kasachische Präsident Nursultan Naserbajew lud mehrere international bekannte Architekten ein, die neue Hauptstadt zu gestalten.
Paul Toetzke / TONIC

Der kasachische Präsident Nursultan Naserbajew lud mehrere international bekannte Architekten ein, die neue Hauptstadt zu gestalten.

Abseits der historischen Altstadt in Samarkand verfallen viele Bauten aus Zeiten der Sowjetunion.
Paul Toetzke / TONIC

Abseits der historischen Altstadt in Samarkand verfallen viele Bauten aus Zeiten der Sowjetunion.

Das Hotel Kasachstan in Almaty, gebaut 1977, ist das dritthöchste Gebäude der Stadt und soll angeblich Erdbeben der Stärke 9 standhalten.
Paul Toetzke / TONIC

Das Hotel Kasachstan in Almaty, gebaut 1977, ist das dritthöchste Gebäude der Stadt und soll angeblich Erdbeben der Stärke 9 standhalten.

Der Platz der Republik in Almaty. Hier fanden bis zum Ende der Sowjetunion immer wieder Demonstrationen statt.
Paul Toetzke / TONIC

Der Platz der Republik in Almaty. Hier fanden bis zum Ende der Sowjetunion immer wieder Demonstrationen statt.

Ein leerstehender Hotelkomplex im Zentrum von Samarkand, Usbekistan.
Paul Toetzke / TONIC

Ein leerstehender Hotelkomplex im Zentrum von Samarkand, Usbekistan.

Das Hauptgebäude der Al-Farabi-Universität in Almaty.
Paul Toetzke / TONIC

Das Hauptgebäude der Al-Farabi-Universität in Almaty.

Eine Veranstaltungshalle in Almaty im sowjetischen Stil.
Paul Toetzke / TONIC

Eine Veranstaltungshalle in Almaty im sowjetischen Stil.

Der Präsidentenpark in Astana. Rechts befindet sich die Pyramide des Friedens und der Eintracht. Einmal im Jahr treffen sich die religiösen Oberhäupte des Landes in der Spitze des Gebäudes.
Paul Toetzke / TONIC

Der Präsidentenpark in Astana. Rechts befindet sich die Pyramide des Friedens und der Eintracht. Einmal im Jahr treffen sich die religiösen Oberhäupte des Landes in der Spitze des Gebäudes.

Das ehemalige Parlamentsgebäude Kasachstans in Almaty.
Paul Toetzke / TONIC

Das ehemalige Parlamentsgebäude Kasachstans in Almaty.

So sieht eine Toilette im Pamir-Gebirge in Tadschikistan aus
Paul Toetzke / TONIC

So sieht eine Toilette im Pamir-Gebirge in Tadschikistan aus

Dass bis auf Afghanistan alle „Stans“ zur Sowjetunion gehörten, wird oft vergessen.

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Schaut man auf die Karte, sticht die Größe Kasachstans hervor, das über den restlichen zentralasiatischen Ländern thront. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR entstanden hier neue Staaten. Grenzen wurden willkürlich gezogen, Volksgruppen getrennt. Heute ist die Region ein ethnischer und religiöser Flickenteppich mit einem unübersehbaren sowjetischen Erbe. Und die jungen Nationalstaaten sind auf der Suche nach ihrer eigenen Identität.

Besonders deutlich merkte ich das in Astana, wo der langjährige Präsident des Landes Nursultan Nasarbajew seine Vorstellungen einer modernen, utopischen Hauptstadt verwirklichen wollte – und sich nebenbei ein Denkmal gesetzt hat. Vor wenigen Wochen ist er zurückgetreten. Jetzt soll Astana umgetauft werden, der neue Name: Nursultan.

Von Astana aus bin ich weitergereist, nach Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan. Überall ähnelte sich das Bild: Die Städte werden von sowjetischen Prachtbauten dominiert, zwischen denen sich die neuen Machthaber ihre eigenen Staatsnarrative geschaffen haben, in Form von Denkmälern und riesigen Repräsentativbauten. Die Suche nach einer nationalen Identität, der Spagat zwischen Vergangenheit und Zukunft, und auch die autoritären Staatsformen dieser Länder – all das spiegelt sich auch heute noch in der Architektur wider.

Das TONIC Plakazin n°7 über Wohnen und Architektur in Osteuropa erscheint im Mai.